© designecologist | unsplash.com

Wie intelligent ist das denn?

Gerade in der Aufstellungsarbeit begegnet mir immer wieder die umfassende, bis in die feinste Verästelung verknüpfte Intelligenz der Zellen. Dazu ein Beispiel: In einer intensiven Einzelaufstellung verbindet sich der plötzliche Schmerz im Rücken meines Klienten mit dem Schicksal seines Großvaters, der im letzten Weltkrieg durch einen Schuss ums Leben kam. Kaum zu glauben – und doch zeigen sich in solchen Aufstellungen immer wieder Zusammenhänge über Generationen hinweg, die – wenn sie erst einmal benannt sind – große Auswirkungen haben und für Klarheit sorgen. Seit Jahren schon litt der junge Mann an diesen spontan auftauchenden Rückenschmerzen, für die es bislang keine medizinische Erklärung gab. Jetzt aber, mit dem Schicksal des Großvaters im Bewusstsein, verschwanden die Schmerzen genau so schnell wie sie gekommen waren.

Ein Beispiel für das, was ich immer wieder bei meiner Arbeit erlebe. Seitdem ich den systemischen Therapieansatz kennengelernt habe, stelle ich in meiner Praxis die unterschiedlichen Symptome von Patienten und Klienten auf und bin beeindruckt von dem hochintelligenten Speicherorgan Körper. Ich finde es faszinierend, wie detailgetreu er Geschichte und Geschichten aufzunehmen und wiederzugeben in der Lage ist.

In der Aufstellungsarbeit wird deutlich, wie der Körper reagiert und Antworten auf verborgenste Fragen gibt. Bis in tiefste Schichten hat er offensichtlich die wesentlichen Phasen der Menschheitsgeschichte gespeichert, den Kampf ums Überleben ebenso wie die einzelnen Phasen der Evolutionsgeschichte.
Nehmen wir einmal an, wir hätten den direkten Zugang zu diesen Inhalten unserer individuellen menschlichen Zellspeicher, dann bräuchten wir keine weiteren Archive, Bibliotheken oder Museen mehr. Dann gehörte der Inhalt der Geschichtsbücher mit ihren begrenzten Vorstellungen und Erkenntnissen der Vergangenheit an, denn alle Ebenen der Menschheitsgeschichte stünden direkt in unseren Zellspeichern zur Verfügung.

Diese Erkenntnis der Aufstellungsarbeit deckt sich mit den Ergebnissen der neurobiologischen Forschung. Insbesondere therapeutische Methoden, die über den Körper den Geist ansprechen oder über den Geist den Körper als Ausdrucksorgan nutzen, liefern hierzu fortwährend frappierende Informationen. Die neurobiologische Forschung kennt die Spiegelneuronen – ein System im Gehirn mit der Fähigkeit, emotionale Resonanzen zu erzeugen. Die Epigenetik untersucht die molekularen Mechanismen, mit denen wir unser Speicherwissen an die nachkommenden Generationen abgeben. Und Kinesiologie, Psycho-somatik,Psychotherapie sowie physiotherapeutische Methoden wie Osteopathie, Chiropraxis, Bodytalk, Biodanza, Physiognomik zeigen, wie sich das Wissen aus unseren Speichern entschlüsseln lässt.

Was für eine unendliche Intelligenz in all unseren Genen, Muskeln, Organen und Zellen steckt. Kein Wunder, dass bei einer Funktionsstörung des Regelwerkes es unweigerlich zu Konflikten und Problemen zwischen uns Menschen kommen muss.
Für mich zeigt sich mit Hilfe des körperlichen Ausdrucks bei der Aufstellungsarbeit eine Welt, die sowohl eine detailgetreue Analyse als auch die dazu notwendige Intervention zur Lösung des Problems eines Menschen bereithält, sei es seelisch oder körperlich. Für mich zeigt sich auch, wie unendlich verbunden wir mit dem Wissen der Menschen, der Orte, aber auch der einzelnen Erdschichten unter unseren Füßen sind.

Für mich zeigt sich damit der Auftrag, in einer Haltung des Respektes und der Demut den Gesetzen des Großen – nie vollständig zu ergründenden Ganzen – zu begegnen, bei allem Bemühen, die schon erkennbaren verstreuten Einzelteile der ursprünglichen Harmonie wieder zu verbinden.

Ulrike v. Bergmann-Korn, Ärztin und systemische Therapeutin
Tel. 05103/2015 | www.octogon-institut.de