Wen die Liebe trifft – Aktive Herz-Meditation

Einst blickte eine Frau mit einigen jungen Männern auf einen Mann, der inmitten einer kargen Landschaft ein Loch grub. Um ihn herum sahen sie lauter kleine Erdhügel: der Aushub anderer Grabungen. Die Frau erzählte von den vergeblichen Versuchen des Mannes Wasser zu finden, da er nicht tief genug grub. Er gab sich immer wieder neuer Hoffnung hin, an anderen Stellen schneller auf Wasser zu stoßen und begann dann von Neuem zu graben.

Diese und ähnliche Geschichten hat der große Mystiker Rumi, erzählt. Seine Zuhörer regten die Geschichten an, ihr Leben zu reflektieren.

Rumi hat auch gedichtet. Seine Liebeslyrik liegt in vielen Sprachen vor, aber die Schwingungen, die aus den Rhythmen der
Originalverse hervorgelockt werden können, sind nicht in andere Sprachen übertragbar.
Obwohl seine Dichtungen voller zauberhafter Metaphern sind, liegt das Geheimnis seiner Liebeslyrik in den Schwingungen. Rumi dichtete auf den Flügeln eines Zustands der berauschten Liebe. Von seinem Lehrer Shams hatte er den Zauber des Einsseins und das Geheimnis der Rhythmen gelernt. Am Ende konnte er seine Seele über die Begrenzungen seiner physischen Realität weiten.

Rumi hatte den Brunnen der lebendigen Liebe gefunden, woraus er mit seiner Poesie wieder auftauchte und seine Umgebung
inspirierte.

Das Geheimnis der Rhythmen steht heute jedem offen und kann in der aktiven Herz-Meditation erlebt werden. Diese spezifischen Rhythmen lassen sich durch lebendige Rezitationen oder durch Spielen auf einer Rahmentrommel (Daff) vermitteln.
Dabei achten die Hörenden auf den Schlag des physischen Herzens. Die irrende Gedankenflut wird eingedämmt, wodurch Ruhe und Raum für die Seele wächst. Diese wird gleich einem Vögelchen in seiner Eihülle ernährt, bis sie die Kraft entwickelt, die Hülle zu verlassen, um eine andere Welt zu erfahren – eine Welt der berauschten Liebe.

Diese Kraft hilft Menschen verbunden zu sein und gleichzeitig mit beiden Beinen mitten im Leben zu stehen.

„Ein Mensch sitzt in einer ruhigen Ecke seines Zimmers. Er hat sich Zeit genommen nach innen zu schauen, die Außenwelt für einige Augenblicke auszublenden. Seine Aufmerksamkeit ist auf seinen Herzschlag gerichtet und auf sonst nichts. Er meditiert. Den eigenen physischen Herzschlag achtsam zu begleiten ist ein erster Schritt beim Meditieren. Wenn wir hier vom Herzen sprechen, ist das Herzorgan selbst gemeint, der physische Muskel mit seiner unermüdlichen Betätigung. Das Herz ist äußerst bedeutsam für unsere Lebensprozesse. Es generiert die Kraft unserer Vitalität.

Aller Anfang ist schwer: in Situationen, die uns sehr aufwühlen, vergessen wir schnell mal, dass wir unseren Herzschlag fokussieren wollten. Es braucht also eine gewisse Entschlossenheit und Ernsthaftigkeit, um voran zu kommen: ohne Übung werde ich kein Klavier spielen können! Man kann jedoch sehr bald entdecken, dass die Konzentration auf das Herz einige positive Folgen hat. Wir alle wissen, dass dasjenige sich verstärkt, dem wir uns widmen. Wenn wir unserem Herzschlag unsere Aufmerksamkeit schenken und weniger unseren vagabundierenden Gedanken und Emotionen, werden wir mit Sicherheit bemerken, dass wir weniger verletzlich, weniger dünnhäutig, weniger aufgeregt, dafür toleranter, liebevoller und friedlicher werden.
Was uns im Leben widerfahren ist oder was uns noch zustoßen könnte, verliert an Bedeutung – wir werden innerlich gefestigter. Es ist ein erster Schritt und der wichtigste Schritt.
Wer sich daran gewöhnt hat, auch tagsüber immer wieder seine Konzentration für kurze Momente auf den Herzschlag zu lenken, wird sich fragen, wie die Herz-Meditation vertieft werden kann.“

Aus dem Buch „Flammendes Herz“
Einführung in die Herz-Meditation
von Dr. Seyed M. Azmayesh

www.herzmeditation.eu
Helmut N. Gabel