Das Glück finden
„Für mich soll‘s rote Rosen regnen,
mir sollten sämtliche Wunder begegnen,
das Glück sollte sich sanft verhalten,
es soll mein Schicksal mit Liebe verwalten.“ (Hildegard Knef)
… hieß es im Lieblingslied meiner Mutter. Die Realität hätte von diesem „frommen“ Wunsch nicht weiter entfernt sein können. Nach einer schwierigen, lieblosen Kindheit betrogen und verlassen von ihrer großen Liebe, fand sie sich in einer unglücklichen Ehe mit einem ungeliebten Mann – meinem Vater – vom Leben bitter enttäuscht.
Dieser Mangel an Liebe und Glück prägte die Grundstimmung meiner Kindertage, und ich war fest entschlossen, in meinem erwachsenen Leben alles ganz anders zu machen. Doch wiederholten sich in meinen Liebesbeziehungen meiner frühen Jahre die leidvollen Erfahrungen.
Immer und immer wieder durchlief ich den selben Kreislauf von Verliebtheit, Sehnsucht, Klammern, Erniedrigung, Zurückweisung, verlassen Werden, depressive Leere, Selbstzweifel… Immer und immer wieder schien mir das Leben die gleiche Lektion zu servieren, und die Botschaft schien zu sein „Du bist es nicht wert geliebt zu werden!“ „Du bist nicht gut genug …“. Und mein „kindliches“ Fazit daraus war: Wenn ich mich nur mehr anstrengte, mehr bemühte, würde ich den „Richtigen“ finden und beim nächsten Mann würde alles besser!
Es war ein langer Weg für mich, bis ich erkennen und schließlich auch anerkennen konnte, was mich tatsächlich hinderte Liebe und Glück in mein Leben einzuladen. Therapie und spirituelle Arbeit mit verschiedenen Lehrern und schließlich meine eigenen Aus- und Weiterbildungen waren wichtige Wegmarken.
Heute weiß ich, dass ich mit meinem Beziehungs- und Lebensmuster kein Einzelfall war; viele Menschen, die ich in meiner Praxis durch ihre Lebenskrisen begleiten darf, kommen mit ähnlichen Problemen zu mir.
Auf eingefahrenen Wegen…
Treffen auch Sie immer wieder auf so einen Mann, der nicht wirklich JA zu Ihnen sagt? Ist auch Ihre x-te Partnerin so eifersüchtig, dass Sie nur noch stöhnen: „Nicht schon wieder!“? Unzähligen Menschen geht es so. Und die meisten vermuten immer und immer wieder den Grund für ihr Unglück in der „falschen“ Partnerwahl. Da ist dann entweder der andere Mensch unzulänglich und „kann einfach nicht…“ – ja, was? … nicht so sein, wie ich ihn haben möchte?! Oder aber man selbst macht sich Vorwürfe, kritisiert sich als „blind“, „naiv“, „unattraktiv“, womöglich „beziehungsunfähig“ und mehr. Eine Sackgasse…
Diese Sackgasse wird vom eigenen Denken gebaut. Gedanken, die um Schuld, „Fehler“ und „Unfähigkeit“ kreisen, fördern nur scheinbar Ursachen der Misere zutage. Viel wahrscheinlicher führen sie in eine Ohnmachts- und Opferhaltung. Und weil Ohnmacht niemand gern spürt, folgen Wut, Kämpfe, Trennungen, vielleicht ein resigniertes „Dann lieber allein!“… bis dann die nächste verführerische Gestalt am Horizont erscheint, mit der es ganz bestimmt nicht wieder passiert, nicht passieren darf…
Jedoch beginnt das Ganze wieder von vorn, so lange die hinter diesem Denken stehenden tief eingeprägten Überzeugungen immer wieder danach verlangen, bestätigt zu werden. Die vertraute Enttäuschung ist immerhin vertraut…
Angenommen, Ihr eigenes Denken habe wesentlichen Einfluss auf das, was Ihnen widerfährt? Angenommen, Ihre Einstellung ziehe genau das in Ihr Leben, was Sie erwarten? Und angenommen, der überwiegende Teil Ihrer Erwartungen sei unbewusst? Und angenommen, auch unbewusste Erwartungen könnten Ihnen zu Bewusstein gelangen? Dann hieße das, Sie könnten sich einen neuen, freien Weg in Richtung befriedigendere Beziehungen bauen.
… oder auf Neuland
Verlockend? Gut. Und mit etwas Arbeit verbunden. Um ein glücklicheres Beziehungsleben zu beginnen, gilt es aus gewohnten Denkfiguren auszusteigen und sich klar zumachen, dass es nicht „die Richtige“ oder „der Traummann“ ist, wovon das Glück abhängt. Zunächst heißt es den uralten Programmen auf die Spur zu kommen, die für Ihre Einstellungen sorgen. Wie hat man Sie in Ihren ersten Lebensmonaten und -jahren programmiert? Haben Sie gelernt, dass man sich Liebe verdienen muss – durch Leistung, Schönheit, Anpassung an die Erwartungen anderer? Wurde die Software „Du bist nicht Wert geliebt zu werden“ auf Ihren inneren PC gespielt? Oder diese: „Du darfst auf keinen Fall glücklicher sein als Mama“? „Liebe ist Opfer“? „Männer sind untreu“? Wie lauten Ihre persönlichen tiefsten Überzeugungen? Holen Sie sie langsam, aber stetig aus dem Untergrund Ihres Bewusstseins hervor und machen Sie sich klar: Das bin nicht ich; das ist ein Programm, das ich auswechseln kann gegen eine Software, die die Wunschversion meiner Erfahrungen erschafft.
Wie gesagt, das ist Arbeit. Erleichternd kann eine professionelle Begleitung sein. Viele Möglichkeiten bieten sich an, um nicht mehr dienliche Glaubenssätze zu löschen und stärkende Muster „auf die Festplatte aufzuspielen“ – Heilungstrancen in Cranio-Sacraler Psychotherapie, Voice Dialogue, Somato Emotional
Releasing sind nur einige davon.
Bedeutet das nun: „Zuerst mal lerne ich das alles neu, und dann wage ich mich in die nächste Liebesbeziehung?“ Keineswegs. Für diese Arbeit am eigenen Wachstum braucht es Raum und Zeit – aber ganz gewiss keinen Verzicht auf Partnerschaft! Im Gegenteil. Eine enge, intime Beziehung zu einem anderen Menschen ist ein direkter Weg, sich der eigenen überkommenen, schädlichen Erwartungsmuster bewusst zu werden. Wenn beide Partner anders über Liebe und Partnerschaft denken als in den Fesseln von: „Er muss mich /Ich muss ihn glücklich machen – und wenn das nicht gelingt, dann passen wir eben nicht zueinander“ – dann weitet sich der Blick und ein anderer Weg wird sichtbar.
Zu zweit auf dem Weg
Den Schmerz, der unweigerlich auftritt, wenn zwei Menschen sich füreinander öffnen und ihre Sehnsüchte aufeinander richten, können diese Partner dann annehmen als wertvollen Hinweis auf eigene alt gewordene Verletzungen, enttäuschte Erwartungen und daraus gefolgerte Grundüberzeugungen. Sie treten gewissermaßen einen Schritt zurück, schauen mit Abstand auf das, was gerade passiert, und finden heraus: Was der andere tut und sagt, tut er nicht mir an, um mich zu treffen, sondern erstens ist er selbst gerade in Not und fährt deshalb ein vor Jahrzehnten eingeübtes Notfallprogramm (Zum Beispiel: „Ich spiel nicht mehr mit – gib mir mein Schäufelchen wieder!“; Türenknallen, Füße stampfen…). Er (oder sie) sagt damit also etwas über sich aus und nicht über mich, meinen Wert, meine Anziehungskraft.
Zweitens zeigt er mir, wo ich meine noch nicht erkannten und nicht geheilten wunden Punkte habe. Die ursprüngliche Verletzung, Verlassenheit, Angst und Scham (wieder) zu entdecken und sich selbst liebevoll anzuschauen mit dieser Verletzlichkeit und mit all den mehr oder weniger unschönen und untauglichen Strategien, sich vor erneuter Verletzung zu schützen – dafür bildet gerade die Partnerschaft zweier erwachsener Menschen einen magischen Raum. Durch den Partner angenommen zu werden – sein JA zu erhalten – das geht durch diese Selbst-Annahme und durch das echte Gespräch hindurch.
Den „Kleinen“ / die „Kleine“ mitnehmen
Das Innere Kind ist die Schlüsselfigur unserer Gefühlswelt. Es repräsentiert jenen Teil unserer Psyche, der durch früheste Erlebnisse, Gefühle, Verhaltensmuster und Wertvorstellungen geprägt wurde. Je eher die Erfahrungen von damals den Bedürfnissen des Kindes gemäß waren, desto sicherer und wertvoller fühlt sich der Erwachsene heute.
Ein Mensch jedoch, der als Kind wenig Liebe und Anerkennung erfahren hat und häufig durch Liebesentzug, Verlassenwerden oder Missachtung verletzt und in seinem Selbstwertgefühl beschädigt wurde, wird vielleicht als Erwachsener ein übergroßes Bedürfnis nach Zuwendung und Bestätigung durch andere Menschen entwickeln. Schon ein wenig Kritik kann ihn stark verunsichern, weil sie alte Kindheitsverletzungen in ihm aktualisiert. Er empfindet wie das Kind damals Schuld und Scham und hält sich für unzulänglich, schlecht, nicht liebenswert. Denn sein „ungeliebtes Kind im Inneren“ lebt noch immer in der ständigen
Erwartung zurückgewiesen zu werden und projiziert diese Erwartung auf die aktuellen Bezugspersonen.
So kann beispielsweise harmlose Kritik durch den Partner unangemessen heftige Reaktionen auslösen; eine 50-Jährige läuft heulend hinaus und schließt sich im Badezimmer ein, ein 35-Jähriger gibt nur noch patzige, destruktive Antworten… weil das Innere Kind diese Kritik mit altbekannten Gefühlen wie Angst vor Strafe, Verlassenheit, Verwirrung und Kummer verbindet.
Die achtsame Arbeit mit dem Inneren Kind hat zum Ziel, diese unbewussten Seelenanteile bewusst wahr- und anzunehmen. Sie dürfen da sein – und zugleich sind sie heute nicht mehr die, die über die Reaktion zu entscheiden brauchen. Nicht mehr die Dreijährige sitzt am Tisch und muss ihre Bestürzung ausdrücken; nicht mehr der Zweijährige braucht panisch zu flüchten.
Steht der Mensch mit seinem Inneren Kind in einer liebevollen Verbindung, erlebt er das ganze Leben anders: Wer mit sich selbst verbunden ist, hat eine große Kraftquelle für sich wieder entdeckt, braucht weniger gegen andere zu kämpfen und empfindet Liebe und Mitgefühl mit sich und anderen Menschen.
Shanti J.Hoff
Dipl. Soz. Pädagogin | Heilpraktikerin für Psychotherapie
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